Veranstaltungskalender der BRN, Programm zur bunten Republik Neustadt 2025
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35. bunte Republik Neustadt

vom finde nicht statt


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Die BRN
Die Äußere Neustadt unter den Bedingungen der Marktwirtschaft: Ist sie bald am Ende? „Nazis raus!“ Überfälle auf Häuser und Kneipen erschrecken die Dresdner. Von den einen als Krawall-Viertel verschrien. Zitate wie: „Was 40 Jahre überstand, wird nun zerstört von Wessi Hand!“, „Null Bock auf Büros“, „Kein Abriß“, „Ich werde bewohnt!“ prangen an den Wänden.


Kult Die Idee zur BRN
Video Leben in der Neustadt



Zwischen Kronkorken und Krypto: Bezahlen auf der BRN heute



Zwischen handbemalten Bierkisten, schnarrenden Boxentürmen und improvisierten Tresen stellt sich alljährlich dieselbe Frage: Wie bezahle ich jetzt meinen Drink? Die BRN bleibt ein Ausnahmezustand – auch beim Geldtransfer. Wo auf der Straße gefeiert, verkauft und verschenkt wird, trifft man auf eine Patchwork-Ökonomie, in der sich verschiedenste Bezahlmodelle bunt durcheinander mischen.

Doch während das gute alte Bargeld noch immer regiert, wächst eine Generation von Ständen und Gruppen heran, die andere Wege geht. Und die zeigen, wie sich eine Szene zwischen Autonomie, Technikspielerei und Pragmatismus selbst neu erfindet – auch in Sachen Zahlung.

 

Bargeld bleibt – aber nicht allein

„Kommste mit 'nem Fünfer, kriegste zwei Bier und 'ne Geschichte dazu.“ – Das Prinzip Bargeld hat auf der BRN lange funktioniert. Es ist direkt, anonym und unabhängig von Technik. Gerade für kleinere Stände ohne Gewerbeschein oder bei Mitmachaktionen ist es noch immer das Mittel der Wahl.

Doch mit steigender Besucherzahl und dem Wunsch nach Geschwindigkeit stößt Bargeld auch an Grenzen: Wechselgeld geht aus, Taschen werden zur Zielscheibe, und beim nächtlichen Gedränge am Stand ist die Münzsuche nervtötend. Kein Wunder, dass Alternativen ins Spiel kommen – wenn auch ganz anders als im Supermarkt oder auf Festivals mit Kassenbons.

 

QR-Codes, DIY-Terminals und Messenger-Überweisungen

Zunehmend setzen Stände auf selbstgebaute Lösungen: QR-Codes auf Pappschildern, die direkt zu PayPal oder Banking-Apps führen, sind keine Seltenheit mehr. Manche bauen ihre Zahlungsabwicklung über Messenger wie Signal oder Threema – eine Nachricht mit Zahlencode genügt, und der Mate-Tausch ist besiegelt.

Auch kleine DIY-Terminals, etwa auf Raspberry Pi-Basis, wurden in vergangenen Jahren gesichtet – mitsamt improvisierter Stromversorgung aus Powerbanks oder Solarzellen. Hier zeigt sich die typische BRN-Mentalität: Hauptsache unabhängig, irgendwie technisch cool und nicht aus dem Katalog.

 

Von der Trinkgeld-Kasse zur Wallet: Krypto auf der BRN?

Einige der technikaffineren Kollektive treiben die Entwicklung noch weiter. Bereits 2023 kursierten erste Versuche, Bezahlarmbänder mit Krypto-Guthaben einzusetzen. Das Prinzip: Vorab Wallet aufladen, dann via NFC oder QR-Code kontaktlos zahlen. Das Ganze bleibt im Experimentalstadium, doch es funktioniert – und wird mit Neugier betrachtet.

Wer dahinter blickt, entdeckt oft Szeneakteure mit Tech- oder IT-Hintergrund, die Spaß an alternativen Systemen haben. Dabei stützen sie sich auf frei verfügbare Tools und verständliche Einstiege – etwa über eine sachliche Krypto kaufen Anleitung, wie sie in Foren oder Projektdokumentationen zu finden ist. Die Motivation? Unabhängigkeit, Datenschutz und ein bisschen Nerd-Stolz.

 

Vertrauen statt Verifizierung

Während große Events auf Kontrolle, Buchungssysteme und digitale Bändchen setzen, bleibt die BRN ein Vertrauensevent. Und genau das zeigt sich auch bei den Zahlungsmethoden. Wer einen QR-Code scannen soll, verlässt sich auf Ehrlichkeit – oft ohne direkte Rückmeldung oder technische Absicherung.

Gleichzeitig entsteht dadurch aber auch Raum für andere Konzepte: Auf Spendenbasis, mit Pauschalbeträgen („Einmal zahlen, alles probieren“) oder mit rein symbolischen Preisen. Einige Kollektive erzählen von Besuchern, die nachträglich überweisen, manchmal Tage später – einfach, weil es dazugehört.

Das funktioniert nur, weil es in der Neustadt kein „Kunde-Dienstleister“-Verhältnis gibt, sondern ein temporäres Miteinander. Der Austausch steht über der Transaktion.

 

Warum ausgerechnet hier?

Dass die BRN sich als Labor für alternative Bezahlformen eignet, ist kein Zufall. Die Szene ist geprägt von Do-It-Yourself-Spirit, Antikonsumhaltung und digitaler Verspieltheit. Gleichzeitig lebt sie von Menschen, die teils in Start-ups, an Hochschulen oder in Freiberuflichkeit unterwegs sind – also mit Technologie umgehen, aber keine Lust auf Konzerne oder Plattformbindung haben.

Kombiniert man diesen Hintergrund mit der improvisierten Infrastruktur der BRN, ergibt sich ein Milieu, das offen für Lösungen abseits des Mainstreams ist. Nicht aus Prinzip, sondern weil es im Zweifel einfach besser passt.

 

Wenn die Technik mitfeiert

Natürlich läuft nicht alles glatt: Akkus sind leer, Verbindungen instabil, QR-Codes unlesbar. Doch das gehört dazu – die BRN lebt vom Scheitern mit Stil. Und manchmal sind es genau diese kleinen Probleme, die ins Gespräch bringen: Wenn das Armband spinnt, wird eben doch wieder bar gezahlt – und dabei direkt ein halbstündiges Gespräch über Bitcoin, Solarenergie und Mikrozahlungen geführt.

Auch das ist typisch für die Neustadt: Technik ist nie Selbstzweck, sondern Teil eines sozialen Prozesses.

 

Was bleibt?

Vielleicht braucht es gar kein einheitliches System. Vielleicht ist es gerade die Vielfalt der Methoden, die das Bezahlen auf der BRN so besonders macht. Ob Kronkorken in der Spendenbüchse, Sofortüberweisung via Smartphone oder die Aufladung eines Armbands mit digitalem Guthaben – am Ende zählt, dass es funktioniert. Und dass alle mitmachen dürfen, ganz ohne Eintritt, App oder Abo.

Die BRN zeigt damit auf kleinem Raum, wie eine postmonetäre Stadtgesellschaft aussehen könnte: nicht perfekt, aber nahbar, flexibel – und manchmal ziemlich charmant improvisiert.

 

Foto von Allef Vinicius auf Unsplash

Viel Spaß und eine schöne, friedliche BRN.